Beherrschung des Schienennetzes: Institutionenökonomische Analyse der Bereitstellung der Schieneninfrastruktur in Deutschland und konzeptionelle Vorschläge für eine effektive Netz-Governance

Projektbeschreibung:
Derzeit steht mit der dritten Stufe die Vollendung der Bahnstrukturreform auf der politischen Agenda. Dabei dreht sich die kontrovers geführte Debatte um die Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG (DB AG) vor allem um die wettbewerbspolitische Frage, ob der Börsengang mit oder ohne Netz erfolgen soll. Die Fokussierung auf die Diskriminierungspotentiale bzw. intramodalen Wettbewerbseffekte einer vertikalen Integration der Essential facility geht jedoch am Kern des Problems vorbei: Selbst wenn eine Gleichbehandlung der Trassennachfrage bzw. funktionsfähiger Wettbewerb auf dem Netz gewährleistet wäre, bleiben die monopolbedingten Ineffizienzen auf der Ebene des Schienennetzes bestehen. Dies ist umso bedeutender, als dass die Infrastruktur nicht nur den entscheidenden Kostentreiber des Schienenverkehrsangebots darstellt, sondern auch maßgeblich dessen Quantität und Qualität bestimmt. Erforderlich bleibt damit auch bei funktionsfähigem Wettbewerb auf der Downstream-Ebene die Regulierung des Schieneninfrastrukturmonopols. Insbesondere die öffentliche Hand ist beachtlichen Ausbeutungsgefahren ausgesetzt, da nicht nur eine klare politische Präferenz für den Schienenverkehr besteht, sondern sie zur Infrastrukturnachfrage qua Verfassung ("Daseinsvorsorgepflicht") gezwungen ist. Dies ist in einer gesamtwirtschaftlichen Perspektive umso gravierender, als dass sich nur ein Bruchteil der Strecken profitabel bereitstellen lässt bzw. das Schienennetz einen erheblichen Subventionsbedarf aufweist, die (bislang implizite) öffentliche Nachfrage also maßgeblich das gesamtwirtschaftliche Infrastrukturangebot determiniert. Die öffentliche Hand ist damit Hauptadressat einer wirksamen staatlichen Monopolregulierung. Gleichzeitig ist der Bund gemäß Art. 87 e GG als mehrheitlicher Eigentümer der Schieneninfrastruktur zu akzeptieren. Damit liegt die klassische Konstellation der Trennung von Eigentum und Management vor, wobei die polit-ökonomischen Verhaltensmotive des öffentlichen Prinzipals verkomplizierend hinzutreten. Die polit-ökonomischen Einflüsse sind zudem gleichermaßen für die Regulierung und Infrastrukturnachfrage relevant, da der Staat als Spieler und Schiedsrichter in Personalunion agiert und mithin möglicherweise zusätzlich Interessenkonflikten unterliegt. Die Bereitstellung der Schieneninfrastruktur bewegt sich damit stets im Spannungsfeld von Marktversagen einerseits und Staatsversagen andererseits. Umso erstaunlicher ist, dass sich die wenigen, oft interessengeleiteten Diskussionsbeiträge regelmäßig auf Extrempositionen bzw. pauschale Empfehlung zur "demokratischen Kontrolle" des Netzes einerseits und "Nutzung der effizienzfördernden Marktkräfte" andererseits bzw. deren pauschalen Diskreditierung reduzieren. Eine differenzierte Analyse der vorliegenden, sich teilweise überlagernden Delegations- und Transaktionsbeziehungen und der Möglichkeiten ihrer institutionellen Absicherung wurde bislang nicht vorgenommen. Ziel des Dissertationsprojektes ist es, eine solche Analyse vorzunehmen und einen konzeptionellen Beitrag zur Entwicklung einer effizienten Beherrschungsstruktur für das Schieneninfrastrukturmonopol zu leisten. Dazu gilt es, aufbauend auf einer Darstellung der allokations-theoretischen sowie verfassungsrechtlichen Restriktionen zunächst die in der Literatur üblicherweise diskutierten grundlegenden Bereitstellungsalternativen der öffentlichen Netzbereitstellung (z. B. als Verwaltung) einerseits und der (Teil-)Privatisierung mit begleitender externer Regulierung (und ggf. expliziter öffentlicher Infrastrukturnachfrage) vergleichend zu untersuchen. Anschließend sind die Möglichkeiten zu analysieren, trotz der attestierten natürlichen Monopoleigenschaft des Netzes Wettbewerbselemente (z. B. Ausschreibungen) zu etablieren, die sich im Rahmen der Netz-Governance nutzbar machen lassen. Dabei ist angsichts der anhaltenden Debatte um die private Verkehrsinfrastrukturfinanzierung auch auf die Potentiale des Public Private Partnership-Ansatzes (PPP) einzugehen. Darauf aufbauend können anschließend Vorschläge für eine effiziente Netzbereitstellung entwickelt werden. Den Abschluss der Arbeit bildet eine kritische Würdigung der deutschen Bereitstellungspraxis seit der Bahnstrukturreform 1994 sowie der aktuellen Privatisierungsüberlegungen.
Projektlaufzeit:
Projektbeginn: 01.11.2004
Projektende: 31.12.2007
Projektleitung:
Prof. Dr. rer. pol. Alexander Eisenkopf

Zeppelin University Friedrichshafen
Zeppelin-Lehrstuhl für Wirtschafts- und Verkehrspolitik
davor: Phoenix-Lehrstuhl für Allgemeine BWL & Mobility
Am Seemooser Horn 20
88045 Friedrichshafen

Telefon: +49 7541 6009-1200
Fax: +49 7541 6009-1299
Email: marie-christine.eyerund@zu.de
http://www.zeppelin-university.de/abwl
Projektbearbeitung
Prof. Dr. rer. pol. Alexander Eisenkopf, Dipl. Kfm. Christian R. Schnöbel
Finanzierung:

  • eigenfinanziertes Forschungsprojekt

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