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Forschungsbericht]

Neurobiologische Korrelate von mit dem Thema Schlaf assoziierten Aufmerksamkeitsprozessen bei Patienten mit psychophysiologischer Insomnie.

Projektbeschreibung:
Die primäre Insomnie ist eine psychische Störung mit einer Prävalenz von etwa 3 % in westlichen industrialisierten Ländern (Ohayon, 1996; 2002). Die Erkrankung geht mit einer reduzierten Lebensqualität, einer verminderten Arbeitsleistung (NIH, 2005) sowie mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für körperliche (Léger et al., 2002) oder andere psychische Erkrankungen (Breslau et al., 1996; Riemann & Voderholzer, 2003) einher. Die häufigste Form der primären Insomnie ist die so genannte psycho-physiologische Insomnie, für die ein diagnostisches Kriterium eine kognitive Fokus-sierung auf das Thema Schlaf bzw. verstärkte Sorgen um den Schlaf oder vor Schlaflosigkeit (Edinger et al., 2004) ist. Diese kognitiven Phänomene werden in gän-gigen Erklärungsmodellen für die Insomnie als kognitives Hyperarousal bezeichnet und nehmen eine zentrale Rolle bei der Erklärung der Erkrankung ein (Perlis et al., 2005). Dementsprechend wurden die mit dem Thema Schlaf assoziierten kognitiven Prozesse in einer Vielzahl von Arbeiten bei Patienten mit primärer bzw. psychophy-siologischer Insomnie untersucht (Harvey et al., 2005). Ein Ergebnis dieser For-schung ist der nahezu übereinstimmend erbrachte Nachweis, dass Patienten mit primärer/ psychophysiologischer Insomnie in experimentellen Untersuchungen einen so genannten schlafbezogenen "Attentional Bias" zeigen (Lundh et al., 1997; Taylor et al., 2003; Jones et al., 2005; MacMahon et al., 2006; Marchetti et al., 2006). Dies bezeichnet eine verstärkte Zuwendung von Aufmerksamkeit hin zu Stimuli, die einen Bezug zum Thema Schlaf haben und beruht vermutlich auf einer erhöhten emotiona-len Valenz dieser Stimuli für diese Patientengruppe. Die mit dem Thema Schlaf as-soziierten Stimuli der "Attentional Bias"-Studien können damit als auslösende Fakto-ren für ein kognitives Hyperarousal betrachtet werden. In einem neuen theoretischen Modell, im Attention-Intention-Effort-Modell, wird dem schlafbezogenen "Attentional Bias" sogar eine zentrale Rolle für den Beginn und Verlauf der primären Insomnie zugewiesen (Espie et al., 2006). In der hier vorgestellten Arbeit sollen mit dem The-ma Schlaf assoziierte Stimuli verwendet werden, um mit Hilfe von kombinierter Mes-sung von Elektroenzephalographie (EEG), Elektrokardiographie (EKG) und funktio-neller Kernspintomographie (fMRT) neurobiologische Korrelate des kognitiven schlafbezogenen Hyperarousals bei der psychophysiologischen Insomnie zu identifi-zieren. Bisher wurden bildgebende Methoden nur selten in Studien verwendet, um Patienten mit primärer bzw. psychophysiologischer Insomnie zu untersuchen (Drummond et al., 2004). Nofzinger et al. (2004) konnten jedoch mit Hilfe der Positronenemissionsto-mographie zeigen, dass Insomniepatienten im Vergleich zu Kontrollpersonen einen erhöhten zerebralen Glukosemetabolismus sowohl im Schlaf als auch im Wachzu-stand haben. Zudem wiesen die Patienten eine geringere Abnahme des zerebralen Metabolismus beim Übergang vom Wachzustand in den Schlaf auf. Dieser Befund wurde als Korrelat des Hyperarousals bei Insomnikern interpretiert. In einer eigenen volumetrischen MRT-Studie fanden wir eine Verringerung des Hippocampusvolumes bei Patienten mit primärer Insomnie (Riemann et al., 2007). Dieser Befund ist mögli-cherweise eine direkte Folge des Schlafmangels, da auch in einer Tierstudie ein Ef-fekt von Schlafdeprivation auf die hippocampale Neuroneogenese gezeigt werden konnte (Guzman-Marin et al., 2005). Alternativ könnte das vermutlich mit einer er-höhten Cortisolausschüttung verbundene Hyperarousal (Rodenbeck et al., 2002) für eine Verminderung des Hippocampusvolumes (Swaab et al., 2005) verantwortlich sein. Im EEG weisen Patienten mit primärer Insomnie in mehreren Untersuchungen eine Erhöhung der spektralen Leistung im beta-Band auf (Perlis et al., 2001). Dieser Un-terschied zu Kontrollpersonen in den schnellen Frequenzen des EEG lässt sich so-wohl kurz vor dem Einschlafen als auch während des Schlafes nachweisen und kann ebenfalls als neurobiologisches Korrelat des Hyperarousals interpretiert werden. Nach EKG-Untersuchungen könnte zudem die Herzfrequenz bei Patienten mit primä-rer Insomnie erhöht sein (Bonnet & Arand, 1998; Varkevisser et al., 2005), mögli-cherweise ebenfalls ein physiologisches Korrelat des Hyperarousals. Die Anwendung der fMRT für die Erforschung neurobiologischer Korrelate der psy-chophysiologischen Insomnie bietet den Vorteil der Verbindung aus relativ hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung. So können Veränderungen im Bereich von Se-kunden mit einer Auflösung von 1-3 mm³ sichtbar gemacht werden, was die Methode insbesondere für die Untersuchung kognitiver Phänomene geeignet erscheinen lässt. Nachteilig ist das geringe Signal-zu-Rauschen Verhältnis, das eine Wiederholbarkeit der kognitiven Phänomene notwendig macht. Die Verwendung von Stimuli eines "At-tentional Bias"-Paradigmas erfüllt jedoch diese Voraussetzung, da in den entspre-chenden Experimenten bis zu 200 Stimuli nacheinander präsentiert werden. Die Kombination aus der Messung von fMRT und elektrophysiologischen Signalen ist seit einigen Jahren technisch machbar und ermöglicht, objektive Parameter wie zum Beispiel die spektrale Leistung im beta-Band oder die Herzfrequenz für eine hypo-thesengesteuerte Auswertung der fMRT-Daten zu verwenden (siehe Salek-Haddadi et al. 2003). Diese Technologie ergänzt und erweitert damit fMRT-Auswertungen die auf objektiven Stimulusparametern, wie On-, Offset oder Intensität, oder subjektiven Stimulusparametern, wie der individuell eingeschätzten emotionalen Bedeutsamkeit, beruhen. Diese Vorteile sollen in der hier vorgestellten Studie genutzt werden, indem EEG und EKG simultan zur fMRT gemessen werden, während schlafbezogene Sti-muli präsentiert werden.

Ansprechpartner: Spiegelhalder, K
Tel: 0761-270-6589
Email: kai.spiegelhalderquniklinik-freiburg.de
Projektlaufzeit:
Projektbeginn: 2008
Projektende: 2012
Projektleitung:
Spiegelhalder, K, Riemann, D
Stellvertretung: Riemann, D
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Zentrum für Psychische Erkrankungen (Department)
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Hauptstrasse 5
79104 Freiburg

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Schlagworte:

    Schlaf, Primäre Insomnie, fMRT, Attentional Bias

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