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Forschungsbericht]

Das Absolute und die Differenz: Der Dialog zwischen Schelling und Hegel 1794-1842 (Emmy Noether-Forschergruppe, DFG)

Projektbeschreibung:
Die Klassische deutsche Philosophie nach Kant - der sogenannte 'deutsche Idealismus' - gilt weithin als letzter großer Versuch, eine geschlossene Gesamtschau von Welt und Wirklichkeit zu konzipieren: ein 'System absoluter Vernunft', das durch Paradigmen der Totalität und Identität bestimmt ist. Auch dominieren nach wie vor Deutungen, die den Idealismus als teleologische Bewegung schematisieren, welche bei einem der nachkantischen Denker zu ihrem Ziel gelange. Gerade die auffällig spärliche Forschung zum Dialog Schellings und Hegels sucht oftmals einen der beiden auf Kosten des anderen als 'eigentlichen Urheber' oder 'wahren Vollender' der klassischen deutschen Philosophie zu profilieren. Gegenüber diesen tradierten Leitbildern möchte das Projekt in dreifacher Hinsicht eine neue Perspektive auf den Idealismus eröffnen: a) In historischer Perspektive wird die über fast 50 Jahre geführte Auseinandersetzung zwischen Schelling und Hegel erstmals umfassend als produktiver und wechselseitiger Dialog rekonstruiert. Gegenüber der vorherrschenden Autorzentrierung wird gezeigt, dass Schellings und Hegels denkerische Entwicklung wesentlich von fruchtbarer Anschlussnahme, kritischer Abstoßung und systematischen Überbietungsversuchen bestimmt ist - ohne die beiden Protagonisten gegeneinander 'auszuspielen'. b) Diese Rekonstruktion wird in einer spezifisch systematischen Perspektive vorgenommen. Es ist die erkenntnisleitende These des Projekts, dass das sachliche Zentrum des Dialogs zwischen Schelling und Hegel im Begriff der Differenz liegt. In der 'Streitsache' zwischen Schelling und Hegel bricht unmittelbar mit dem Anspruch einer Philosophie des Absoluten die Frage nach dem Ort von Differenz auf, und diese bestimmt die folgende Debatte wesentlich. Beide denken in ihrer reifen Philosophie - wenngleich je verschieden und in Abgrenzung voneinander - das Absolute nicht als einfache, bei sich bleibende Identität, sondern vom Unterschied her. Im detaillierten Durchgang durch die Hauptphasen des Dialogs - Zusammenarbeit, Bruch und wechselseitige Kritik - soll die Debatte zwischen Schelling und Hegel neu lesbar gemacht werden als Abfolge von Versuchen, das 'Prinzip' der Philosophie aus einer Theorie der Differenz zu bestimmen. Diese konkurrierenden Entwürfe werden in einer Typologie idealistischen Differenzdenkens begrifflich analysiert und in ihrer Tragweite diskutiert. c) Damit zeigt sich schließlich die Aktualität des idealistischen Dialogs. Indem die 'Differenz' als Zentrum des Zwiegesprächs von Schelling und Hegel ausgewiesen wird, soll das überkommene Bild des Idealismus als einer 'identitätsabsolutistischen Vernunftphilosophie', die Differenz und Alterität nivelliere, einer kritischen Revision unterzogen werden. Sofern bereits Schelling und Hegel um eben diese Begriffe ringen, erweisen sich Schlagworte wie das eines 'Endes der Metaphysik' als unzulänglich: Schon die Idealisten arbeiten sich am Spannungsverhältnis von Metaphysik und Metaphysikkritik ab.

Weitere Informationen: http://gepris.dfg.de/gepris/projekt/259641004
Projektlaufzeit:
Projektbeginn: 01.10.2015
Projektende: 30.09.2020
Projektleitung:
Schwab, Philipp

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Philosophisches Seminar
Juniorprofessur für Philosophie mit Schwerpunkt Klassische deutsche Philosophie und ihre Rezeption
Platz der Universität 3
79085 Freiburg

Telefon: 0761/203-97568
Email: philipp.schwab@philosophie.uni-freiburg.de
https://www.philosophie.uni-freiburg.de/seminar/jprofessur_schwab
Finanzierung:

  • Emmy Noether-Forschergruppe, DFG

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