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Forschungsbericht]

Demokratie als lokale Praxis. Bürger, Politik und urbane Wahlkampfkultur in Italien und der Bundesrepublik, 1945-1976 (Dissertationsprojekt)

Projektbeschreibung:
Die Dissertation untersucht das Verständnis von "Demokratie", das sich unter den Bürgern Italiens und der Bundesrepublik nach der Diktaturerfahrung ausbildete. Sie fragt danach, wie sich dieses performativ im urbanen Alltag zeigte. Dazu verfolgt sie politische Kommunikation in verschiedenen Städten, vornehmlich in Phasen nationaler Wahlkämpfe. Sie interessiert sich für lokale Begegnungen zwischen Bürgern und 'großer' Politik, für die Intonation des politischen Konflikts vor der Haustür der Bürger und für die Verhandlung von politischer Legitimität, die in lokalen Diskursen und Praxisformen deutlich werden. Was konnte und sollte nach der faschistischen Erfahrung "Politik" und "Demokratie" sein, wie formten sich neue politische Konfliktlinien an der Basis der Gesellschaft aus, wie performierten Italiener und Westdeutsche ihre Herrschaftsbeziehung zu Politikern und Staat? Wie versuchten Parteien und Abgeordnete wiederum, mit den Bürgern in Kontakt zu kommen und sich als vertrauenswürdige Volksvertreter zu erweisen? In kritischer Distanz zur unterstellten transatlantischen Konvergenz von politischen Kommunikationssystemen, angezeigt durch Chiffren wie "Amerikanisierung", "Modernisierung" oder "Medialisierung", arbeitet die Studie heraus, inwiefern in den beiden demokratischen 'Regimen' nationale politische Traditionen fortlebten, die nicht nur die Kommunikationsformen überformten, sondern auch die Vorstellungen davon, was Politik war und sein sollte. In diachroner Perspektive diskutiert sie, wie und warum sich die recht ähnlichen Prozesse der kulturellen Amerikanisierung und des Wandels hin zur Massenkonsumgesellschaft, das Auftreten einer neuen Generation und der massenmediale Wandel auf die beiden demokratischen Kulturen sehr unterschiedlich auswirkten, was insbesondere in den 1970er Jahren spürbar werden sollte. In lokal und praxeologisch vergleichender Perspektive setzt sich die Studie so kritisch mit dem historiographischen Konzept der "Demokratisierung" auseinander.
Projektlaufzeit:
Projektbeginn: 2015
Projektende: 2017
Projektleitung:
Gatzka C

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Historisches Seminar
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